Dienstag, 24. Januar 2006

__________________________Irma und die Russenpower

"Wirklich unglaublich, dass die Russen soviel heizen!"
Über nichts spricht man so gerne wie über das Wetter, denke ich. Na ja, vielleicht noch über das Essen und über Sex, Liebe natürlich.

" Das ist doch nur die trockene Kälte!", sagt Irma, die sich mit ihren zopfmustergestreiften Legwarmer aus den frühen 80 ern, irgendwo hinter mir im Bett herum lümmelt. Ich erinnere mich, dass diese merkwürdigen Sydney Rome Stulpen aus einer alten Kleidertüte stammten, die meine erste Freundin bei mir stehen gelassen hatte. Sie war schon etwas muffig, die Tüte, und Irma quietschte vor Vergnügen als sie diese türkisfarbenen mit silbernen Fäden durchzogenen Wadenwärmer sah. Das ist schon erstaunlich was Frauen dir so hinterlassen. Oft sind es nur ein paar Erinnerungen, eine angenehme Parfümerfahrung und zwei, drei sexuelle Erlebnisse, die man im zunehmenden Alter bei der allabendlichen Selbstvergewaltigung immer und immer wieder ablaufen lässt, ähnlich wie eine Lieblingsplatte oder ein 'ewiges' Buch, sei es weil man nicht die Möglichkeit oder die Lust hat neue Erfahrungen in sexueller oder musikalischer Hinsicht zu machen oder weil die ersten nun mal auch wirklich die schönsten Erlebnisse sind. In meinem Fall hinterließ mir die Erste nun etwas mehr, nämlich einen blauen Sack mit einem Chaos von Lernunterlagen, mit mittlerweile ranzigen Hygieneprodukten; Fotos von Menschen die ich kaum kenne; den tragischen Resten irgendwelcher Sammlungen; einer Hermann van Veen CD und den schon erwähnten Stulpen, welche Irma aufgrund derzeitiger frostklirrender Verhältnisse zur Zeit ununterbrochen trägt.
Ich kann Irma nicht sehen, da ich versuche dem Tapetenmuster eine Botschaft zu entlocken und einen Sinn zu geben. Ich liege so dicht mit dem Gesicht vor der Zimmerwand, dass Schnörkel und Tressen verschwimmen, die Punkte sich verbinden und die Trennschärfe nicht mehr aufrecht zu halten ist, ähnlich wie bei diesen 3-D Büchern, die einem das Gehirn schmerzen und den Sabber aus den Mund laufen lassen. Es kann sehr ungemütlich werden, durch halbgeschlossene Augenlider die Zimmerdecke oder das Tapetenmuster der Wände zu lang zu betrachten. Ist da nicht ein W? Mir scheint, als würde ich den säuerlichen Geruch des Mörtels hinter der Tapete schmecken.
Ich habe zwar oft gehört dass die trockene Kälte viel angenehmer sei, als die andere 'normale' Kälte, aber allein mir fehlt der Glaube.
Das Bett schaukelt leicht, und ich glaube Irma masturbiert.
"Auf jeden Fall merkwürdig dass, immer wenn irgendein russischer Minister nach nicht mal einer handvoll Jahren in den Ruhestand geht, er dann immer der 8 oder 12 reichste Mann der Welt ist und sich einen Fußballverein oder ein paar Dörfer kauft".
Das W war nun unwiederbringlich verloren durch ihr Geschaukel. Ich spüre wie Irma langsam heran pirscht und meine Nackenhaare sträuben sich ein wenig.
"Bleib bloß weg mit deinen Stinkefingern!", sage ich und ziehe mir die Decke über den Kopf. "Ist sowieso viel zu kalt..."
Sie rammt mir die Knie in die Nieren und das W ist schlagartig wieder da. Diesmal in großen gelben Blitzen hinter meinen geschlossenen Lidern.
"Du fickst auch nur mit mir wenn Du besoffen bist!", höre ich sie schmollen.
Ich schrecke, weil das Banale oft so schmerzhaft wahr ist, zusammen, aber nur ganz kurz.
"Das stimmt nicht. Ich fick Dich auch wenn ich breit bin...oder wenn Du eine Andere bist". Ich höre wie sie geräuschvoll die Nase hochzieht, wohl wegen der trockenen oder 'wie auch immer' Kälte.
"Außerdem war der schon reich, bevor er Minister wurde", sagt sie lakonisch und sie schnüffelt, erneut geräuschvoll.
"... und außerdem habe ich gar keine Stinkefinger!".
"Hast du doch!"
"Nee hab ich nicht"...
So und nicht anders verbrachten wir dann den letzten übrig gebliebenen Rest des sich mühsam dem Nachmittag hin neigenden Sonntagmorgen, leider ohne Frühstück und völlig sinnfrei aber sehr, sehr entspannend.
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