Ich konnte es einfach nicht glauben. Nun war ich schon absichtlich nicht zu früh gekommen, sondern saß pünktlich um 8 in der von mir gewählten Kneipe, und sie ließ mich dennoch fast 25 Minuten warten.
Es ist scheinbar doch ein angeborenes natürliches Verhalten, dass Frauen bei Dates doch gerne auf sich warten lassen. Ob sie sich hierbei ein Gefallen, tun scheint mir, zumindest bei Blind Dates, fraglich. So wird doch dadurch die schon so immense Erwartung doch nur gesteigert.
Ich hatte mich entscheiden mich möglichst neutral anzuziehen, nicht zu modisch, nicht zu steif. Mit zittrigen Händen Knöpfe geschlossen, Schuhe geputzt und die Nägel gereinigt. Immer noch Herzklopfen oder schon wieder?.
Naja, so spürt man wenigstens , dass man lebt.
Und so saß und wartete ich in diesem Szenerestaurant das ich ausgesucht hatte. Es war schon jetzt überfüllt, verraucht und laut. Ich fragte mich, ob die Wahl dieses Ladens irgendwelche Rückschlüsse auf meine Person zulassen würde und wenn ja welche?. Natürlich wäre ich lieber in diesen gemütlichen Laden am Ufer gegangen, Wasser ist ja so romantisch. Aber das wäre vielleicht eine Spur zu viel fürs 'erste Mal'. Da kann mich mir ja gleich ein 'ficken?' auf die Stirn schreiben. Ich nestelte fahrig an einem Bierdeckel herum, strich mir durch die Haare, beobachtete mich in dem Spiegel gegenüber und entdeckte Fehler, die es gar nicht gab und übte nochmal die Gesichtsausdrücke 'Überrascht', ' Erstaunt', Erfreut' und Hintergründig'. Der Letztere klappte überhaupt nicht.
Rauchschwaden verklärten mir die Sicht zur Tür so dass die Kandidatinnen wie durch einen
Herr der Ringe Nebel auf mich zu waberten.
20.18. Ein gutaussehende Frau im Türrahmen, vielleicht ein wenig zu sehr, sehr sexy, sehr eng,sehr ausgeschnitten, sehr rund, sehr weiblich und ich höre Blut in Ohren rauschen und Schläfen klopfen (alles meine). Sie geht zur Bar, an mir vorbei, begrüßt ihre Freundin. Wieder nichts. Verdammt.
20.22. Und sie kam dann endlich. - oh nein, bitte nicht, nein, muss doch nicht sein, wo ist der Hinterausgang?
Keine Chance. Sie kam so freudestrahlend auf mich zu, dass jeder Zweifel ausgeschlossen war. Und sie machte im Laufe des Abends jeden, aber wirklich jeden Fehler. Treffer, versenkt. Dazu gehörte übrigens nicht, dass sie zu spät kam was ich ja eher als Naturgesetz betrachte.
Warum ist das nur so? Insbesondere Blind Dates fand ich ja immer reizvoll, aufregend, ein bisschen wie die erwachsene Version des Geschenke-Auspacken zu Weihnachten. Du weißt nicht, was du bekommst, hoffst, dass es das ist, was du dir wünschst - und oft ist es genau das eben nicht. Was ich meine? Hier sind meine persönlichen
Date-No-Gos:
1. Klamotten
Sicher, das Outfit von Mädchen Nr.1 war übertrieben aber es passte zu ihr. Und dann passt es auch zum Abend... zu mir... zum Lokal.
Mein Blind Date hingegen passte zu nichts von alldem und schon gar nicht zu sich selbst. Der Versuch die Haare im fransigen 70 Look zu stylen wurde vom eher kraftlosem Mitteleuropäerhaar und der hohen Luftfeuchtigkeit zunichte gemacht. Die Farben von Fingernägel und Lippen passten nicht zusammen und waren zu dem viel zu dunkel. Aber das Schlimmste, sie hatte Lippenstift auf den Zähnen.
Sie hatte keine Figur die sie dafür aber unglaublich betonte. Intensive Fluchtgedanken hatte ich gleich zu Anfang des oben beschriebenen Dates - es war vorbei, als sie auf mich zu kam. Mit einer Handtasche, der für einen 'Sex in the City'- Fanclub gereicht hätte. Aber das war nicht der einzige Knüller ihres Outfits. Nein, ich möchte nicht wissen, dass sie in ihrer Freizeit Schmuck bastelt. Ich möchte auch nicht angestarrt werden und mitleidige Blicke ernten, weil meine Begleitung mitten im Winter ein ärmelloses T-Shirt mit Glitzeraufdruck trägt. Nein, wirklich nicht.
2. Höflichkeit
Als ich mich gerade an ihr Outfit gewöhnt und das aufsteigende Kichern im Griff hatte, fand sie das unweigerliche Haar in der Suppe.
"Wenn man dann da alleine sitzt, kann man da gar nicht drüber lachen", sagte mal ein Freund zu mir.
Sie bestellte den Salat, aber ohne Champignons aber dafür mit Tomaten und ohne Basilikum weil sie davon immer solche Unterleibsbeschwerden bekomme, was sie denn Kellner und alle Anderen wissen ließ. Dann wollte sie wissen welches Öl und wenn dann doch lieber das andere und so weiter und so weiter. Sie hätte dann das schließlich nicht richtige Essen dann ja höflich reklamieren können. Stattdessen beschwert sie sich eine halbe Stunde bei mir über die Unfähigkeit der Belegschaft und was für einen Laden ich da ausgesucht hätte um anschließend dann doch dem Kellner zickig seine Fehler aufzuzählen. Der Kellner war ein Vorbild an Contenance. Das bemerkte sie natürlich überhaupt nicht.
Immer wieder übel finde ich auch die Bestellung, wenn der Kellner gerade da war. "Och, ich glaube, ich will doch noch einen Wein?!" stellte sie mit der Tonlage einer 12-jährigen fest.
Unhöfliches Verhalten gegenüber Kellnern, Taxifahrern und sonstigen Dienstleistern ist schlimm, ungehobelt und peinlich. Ich schämte mich jedes Mal in Grund und Boden für meine Begleitung, weil ich finde, dass Freundlichkeit ein Muss ist, wenn man selbst nett behandelt wird - vor allem gegenüber Leuten, die versuchen, einen ordentlichen Job zu machen. Und "bitte" ist ein nettes und zweckdienliches Wort, das darf man ruhig benutzen.
3. Manieren
Ein Sprichwort geht irgendwie, dass man beim Essen sehen kann, wie jemand im Bett ist. Na dann:"Gute Nacht, Marie!".
Wo wir also gerade beim Thema Restaurant waren: Schlechte Essmanieren sind dermaßen unerotisch, dass ich eigentlich nie wieder Sex haben will, wenn sie nur in den Brotkorb greift. Ich bin nicht so hart gesotten wie ein Freund, der mit Dates regelmäßig Spare ribs essen ging - wer es schafft,
dabei sexy auszusehen, ist eine Göttin - oder Angelina Jolie!
Aber bitte: Der Mund bleibt grundsätzlich beim Essen geschlossen. Es wird nicht alles zerlegt, zerhackt zerteilt geöffnet oder hin - und hergeschoben. Niemals werden die Unterarme vollständig auf dem Tisch abgelegt und dabei mit dem wie zum Mord auf mich gerichtetem Besteck gefuchtelt, von den Ellenbogen will ich gar nicht reden. Die Serviette gehört auf den Schoß und ist KEIN Taschentuch. Und wenn links und rechts ein Besteck liegt wohnt dem kein Rätsel bei.
4. Sinnlichkeit
Eine Frau, die ihr Dessert nicht genießerisch vom Löffel lecken kann, die ihr Essen in sich hinein schlingt, womöglich noch schweigend, nutzt ihre Sinne nicht. Schmeckt, fühlt, tastet, riecht nicht - liebt so, wie sie lebt.
Ohne Sinne, ohne Freude, ohne Höhen und Tiefen. Und ohne mich.
Mein Vorführkandidatin, die als Aperitif Baileys auf Eis bestellte, sich eine Zigarette mit dem mitgeführten Gerät, welches sie mit Tabaksdose, Hülsen und einer Großpackung Aldi Streichhölzer aus ihrem Überlebensbeutel zauberte, stopfte und mir als Nächstes die finanziellen Vorteile des 'Stopfens' erklären wollte lebt sicher preisbewusst. Ich hingegen bin der Meinung: Rauchen muss man sich leisten können. Wenn ich das nicht kann, lasse ich es.
5. Bezahlen
Nein, ich möchte nicht wie ein unverbesserlicher Macho jeder Frau die Fähigkeit absprechen, dass sie mehr Geld verdient als ich, und deswegen jede Rechnung selbstverständlich übernehmen. Das ist mir eh immer unangenehm, riecht schlimmstenfalls nach Verbindlichkeit und Gegenleistung. Teilen ist völlig ok. Ich habe mir mit meiner ersten Freundin sogar die Pille geteilt, also die Kosten natürlich, dann bekomme ich im Restaurant doch wohl eine lockeres "Halbe- Halbe?" hin, auch auf die Gefahr hin 2 Euro mehr zu bezahlen, als ich eigentlich verzerrt hatte.
Eine Frau allerdings, die sich die Rechnung schnappt, um dann ihren und meinen Betrag auszurechnen, und sie mir unter Mitteilung meines Teils über den Tisch schiebt, ist ein fiese Pedantin. "Solche Frauen ekeln sich auch vor Sperma!" denke ich noch bei mir und weiß nicht wieso. Sie krönt ihren fiskalisches Blackout mit einem 30 Cent Trinkgeld für den Kellner welcher sie wirklich großartig ignoriert und nicht dem Verlangen erliegt mir einen mitleidigen Blick zu schenken. Dafür lege ich noch 2 Euro drauf.
6. Flirten
Flirten ist ein schönes, aufregendes, wunderbares Spiel, wenn man es beherrscht, wenn man Spaß daran hat. Es werden Gedanken getauscht, schnell, intensiv, leidenschaftlich. Die Worte fliegen hin und her, leicht wie Federn, und man berauscht sich daran, dass man zunächst nur in den Geist des anderen eindringt, ihn reizt, kostet und fordert. Flirten ist Sex mit Worten. Ich kann mich an die tollsten Erektionen erinnern, während ich mit einer Frau Verbalsex hatte. Ich kann mich erinnern, dass der wirkliche Sex im Vergleich oftmals zurückblieb. Aber es lässt sich nicht zwingen. Und der größte Erotikkiller ist Dummheit. Da werden die geistreichsten und liebevollsten Komplimente nicht verstanden, da wird auf einmal viel zu überschwänglich reagiert oder gar-nicht. Es scheint man spricht mit einer Spracherkennungmaschine der Telekom, die nur auf bestimmte Wortimpulse reagiert: Hübsch, nett, schlafen, Geld, usw.
Reagiert sie nicht auf meine kleinen Herausforderungen, spielt sie nicht mit mir, mit meinem Geist, wird es bestenfalls langweilig und ist genauso spannend wie alleine Doppelkopf-spielen. Wird sie dagegen plump und ungeschickt, wahrt sie die unsichtbaren Grenzen nicht, die es anfangs einzuhalten gilt,und ich kann auf ihrer Stirn lesen, was sie denkt, ist das eine Beleidigung. Meines Geistes und meiner Persönlichkeit.
Die Anfangskandidatin setzte noch einen drauf. Obwohl ihr völlig klar sein musste, dass da niemals etwas zwischen uns beiden sein würde, versuchte sie mich zum Abschied zu küssen. Und roch nach Tosca.
Und dabei können Dates so wunderschön sein. Davon hatte ich übrigens auch Einige.
DANKE FRAU KIRSCHROT
